WALTER SAUTTER

VERINNERLICHTE WELT

Richard Häsli (NZZ vom 19. Januar 1981)

Wie diskret dieser Maler doch ist – in seinem Atelier steht er ohne die Attribute des Künstlers, mit dem Hut auf dem Kopf, fast wie ein Fremder im eigenen Haus, der rote Polsterstuhl, in dem die Modelle jeweils sitzen, ist leer, die Türe steht offen, ohne dass sie Licht in die Melancholie des Raumes einliesse, und auf dem Schrank ruht die Globuskugel: das Atelier als Ort der Stille und Einkehr, als jener Innenraum, in dem die Aussenwelt ihre schöpferische Verwandlung erfährt; hier, in diesem Selbstbildnis, das zugleich und im übertragenen Sinn auch ein Interieur oder Innenbild ist, stellt sich Walter Sautter als ein Maler der Verinnerlichung der sichtbaren Welt vor.

In später und persönlich verarbeiteter Nachfolge der Impressionisten und Nabis empfindet der Zürcher Künstler die Welt überall und jederzeit als bildwürdig. In diesem Sinne sind seine Bilder Ausschnitte aus ungezählten Begegnungen mit Menschen, Tieren, Pflanzen, Landschaften (Stadt-, Meer- und Berglandschaften) oder Interieurs wie Küchen oder Konzertsälen, wo immer diese Begegnungen ihn überraschen: in Zürich, im Tessin, in Italien, Frankreich, Griechenland oder Afrika, im gleissenden Licht eines Sommertages, in herbstlicher Dämmerung, im Dunst der Lagune, im Nebel oder
zur nächtlichen Stunde in der Rue de la Gaiete. Seine bildnerischen Reflexe auf solche Begegnungen verwirklichen sich als Improvisationen der Wirklichkeit mit kultiviert skizzierender Farbe. Die Improvisationen wirken allesamt wie Variationen zum Thema des Lichts: Walter Sautter, eine eher introvertierte Begabung (und deshalb als Porträtist so einfühlsam) kennzeichnet sich in ihnen als ein subtiler Liebhaber des Lichts - seine Bilder sind Meditationen über das Licht aus den Tiefen des Gemüts.